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Levels #4 (2001)

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Galerie im Parkhaus Berlin

Mit Arthur Zalewski und Jean Luc Godard, Herbert Bayer, Catherine David, Beatrice von Bismarck, kuratiert von Alexander Koch

Dem Medium Ausstellung sind stets historische, institutionelle und architektonische Imperative immanent. Diesen begegnete die Ausstellungsproduktion »Levels #4 – Arthur Zalewski«, indem sie den Ausstellungsraum der Galerie im Parkhaus Treptow, Berlin, als einen spezifisch codierten Handlungsraum zu formulieren suchte, in dem sich verschiedne Techniken und Taktiken der Inszenierung und der Exponierung abbilden ließen – und mit diesen zugleich auch die wechselseitigen Erwartungshaltungen und Rollenzuschreibungen innerhalb des Akteursvierecks Künstler-Kurator-Publikum-Institution.

Arthur Zalewski wurde von mir eingeladen als ein Künstler, dessen Arbeitsweise sich beschreiben ließe als ein Set von unterschiedlichen Handlungsmustern, durch die ein Ort, eine Situation, eine Fragestellung oder ein Material schrittweise angeeignet und umgeschrieben werden und in neuem Gebrauch zur Aufführung kommen.
Zalewskis künstlerische, performative Praxis, die sich wechselnder Medien bedient und im Umgang mit Materialien aus der Alltagskultur oftmals ephemere Zwischenprodukte hervorbringt und diese auf einer dokumentarischen Ebene reflektiert, bietet aus kuratorischer Sicht eine Reihe von Berührungsflächen innerhalb der gemeinsamen Fragestellung nach der Ausstellung als einem spezifischen (kooperativen) Handlungsfeld.

Die Ausstellungsproduktion, die für »Levels #4 – Arthur Zalewski« entwickelt wurde und die sich in einer gewissen Tradition der orts- und kontextspezifischen Praxis situierte, basierte auf den räumlichen und kulturpolitischen Rahmenbedingungen der Situation im Parkhaus Treptow, Berlin, sowie auf Fragen nach der Inszenierung des Blicks (der Verführung und Inszenierung des Beobachters) und der damit verbundenen Frage nach der Konstruktion von Oberflächen (mithin Displays).

In der Ausstellung kamen dabei Fotografie, Skulptur / Installation und Film, Reproduktion und Bildzitat als gleichermaßen kontextgebundene wie kontextgenerierende Praktiken zum Einsatz; als »Listen und Taktiken«( Michel de Certeau, »Kunst des Handelns«, Paris 1980 / Berlin 1988), mit deren Hilfe ein brüchiges (Re-)Präsentationsfeld in Szene gesetzt wurde, dem verschiedene (u.a. historische) Implikationen eingeschrieben sind. Herbert Bayer, Jean-Luc Godard und Blinky Palermo fungierten hier gleichsam als Stichwortgeber.

Levels #4 gab implizit einen Kommentar auf das Ableben der Galerie im Parkhaus (der Austragungsort der Levels-Reihe wurde kurz darauf geschlossen) sowie auf das an vielen Orten gerne strapazierte Bild des off-space als kritischem Gegenentwurf zu den »white cubes« und den »etablierten Institutionen«.

Alexander Koch
Mai 2001

»Das Exponat als …«
Beatrice von Bismarck
»Levels #4« – eine künstlerische und kuratorische Rollen verschränkende Zusammenarbeit der beiden Verantwortlichen – übernimmt es, die unterschiedlichen Funktionen, welche Exponate innerhalb von Prozessen des Sehens und Sichtbarwerdens übernehmen, auszuloten. Wenn, wie es die Diskussion um die Rolle des »White Cube« seit den 70er Jahren vorgibt, nicht mehr die interesselose Anschauung des Kunstwerks im Mittelpunkt von ausstellenden Aktivitäten steht, sondern mit der Kontextualisierung des Raumes auch seine einzelnen Bestandteile thematisiert werden, ist das präsentierte Material nicht mehr aus seiner relationalen Beziehung zu Präsentationsstrategien herauszulösen. Es übernimmt eine Rolle. Das Exponat als …

Den ersten Halt beim Betreten von »Levels #4« bietet eine dem Eingang schräg gegenüber liegende Raumecke. Sie wird rechts gerahmt von einem Photo von Arthur Zalewski, einem Schnappschuss auf der documenta X, auf dem, sehr klein und halb verdeckt, die Figur der documenta-Leiterin Catherine David zu erkennen ist. Links schließt sich die Reproduktion eines Installationsphotos an. Es zeigt die Wiederaufführung einer Arbeit von Blinky Palermo in der Düsseldorfer Galerie Konrad Fischer von 1970, in der der Künstler den Verlauf des Treppenhauses in seinem Mietshaus in die Fläche übertragen und als Diagonale auf die Galeriewand gesetzt hatte. Dieses Verfahren hatte Zalewski zwei Tage vor Ausstellungseröffnung in der Galerie nachgeahmt. Die Reproduktion besteht auf der raumgreifenden, raumverstellenden Geste der Wandzeichnung, um ihrerseits, auf eine eingezogene Stellwand montiert, den Durchgang zu den Büros der Galerie im Parkhaus zu verschließen.

So wie in diesem Teil der Ausstellung die Betrachter/innen aufgefordert sind, die gerichteten, begehrenden Blicke – auf Catherine David, auf Palermos Arbeit, auf den dahinter verborgenen Raum bei Konrad Fischer – zu verfolgen und körperlich – in der Verweigerung, die Versperrung des Durchgangs bedeutet – nachzuvollziehen, so übernehmen auch die übrigen Elemente der Installation blick- und körperlenkende Aufgaben: Zalewskis Paravent verweist auf die Verhältnisse sowohl von Teilen des Raums als auch von Besucher/innen zueinander; vor allem aber rückt er in seiner Semi-Transparenz das Verbergen als Strategie der Begehrenserzeugung in den Vordergrund. Wie ein wegeführendes Element leitet er über in den zweiten Ausstellungsraum. In ihm finden sich mit der satten Glätte von Zalewskis autolackierter MDF-Platte, mit der Reproduktion von Herbert Bayers Wanddisplay, durch das man die eine junge Frau verfolgende Kamerafahrt zu Beginn von Jean Luc Godards »Le M6#233;pris« sehen kann, und mit der Sitzbank aus einem Museum, verschiedene Formen von Begehren und dessen Verfolgung zur Anschauung gebracht. Sie schließen sich um die Betrachter/innen, halten sie gefangen, denn selbst wenn von der Sitzgelegenheit aus der Blick zurück auf den Eingangsbereich fällt, trifft er auf die Palermo-Nachahmung, die von dem unerfüllbaren Annäherungswunsch erzählt, der dem Zitieren innewohnt. Womit die Bewegung im Raum erneut einsetzen könnte.


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