KOW Berlin
Mit Franz Erhard Walther, kuratiert von Alexander Koch und Nikolaus Oberhuber
KOW ISSUE 1 zeigt mit der Elfmeterbahn von 1964 eines der prominentesten Objekte aus Franz Erhard Walthers 1. Werksatz – der ein Klassiker der deutschen Nachkriegskunst wurde – und zeichnet die Geschichte seiner Gebrauchsformen nach. Walther schlug damals vor, Kunst nicht unabhängig von ihrer Verwendung durch eine Öffentlichkeit zu denken und dieser eine Mitautorschaft an der Form und Bedeutung von Kunstwerken zuzusprechen. Er wurde ein früher Vertreter prozessualer und partizipatorischer Kunst.
Noch immer ist Walthers Vorschlag ein Gegenentwurf zum aktuellen Kunstgeschehen, das den ästhetischen wie auch den ökonomischen Wert eines Werkes in der Regel in dessen “herausragender” Objektqualität oder Sonderlichkeit sucht, statt in der sozialen Dimension eines “Werkgedankens” (Walther) oder gar in dessen möglichen Konsequenzen für unser Handeln respektive unsere “Handlungsvorstellungen” (Walther) . In zahlreichen teils kanonisierten, teils unorthodoxen und hier erstmals veröffentlichten Dokumenten zeigen wir unterschiedliche Gebrauchssituationen der Elfmeterbahn aus 43 Jahren. Wie offen und einladend ist Walthers Werk-Begriff geblieben? Wie aktuell kann er wieder sein?
Die weiße, 11 Meter lange Textilbahn ist in ihrem Lagerzustand aufgerollt. Zwei Personen können sie ausrollen und zwischen ihre Körper spannen. Die Stücke des 1.Werksatzes sind unabgeschlossene Kunstwerke, die an unsere Teilnahmefähigkeit, nicht an unsere Ehrerbietung appellieren. Sie stellen symbolische Handlungsmodelle vor, die konkreter Ausdruck der Demokratieerfahrung kaum 20 Jahre nach dem Ende des Faschismus in Deutschland sind und deren Partizipatorischer Minimalismus ähnlich wie bei der jüngst wieder rezipierten Charlotte Posenenske zunehmend als politisierbare, gesellschaftlich orientierte Alternative zur amerikanischen Minimal Art gesehen wird.
Konzept und Produktion: Alexander Koch, Nikolaus Oberhuber. Text und Fotos: Alexander Koch